Vollwerternährung

Vollwerternährung
Vọll|wert|er|näh|rung, die <o. Pl.>:
Ernährung mit Vollwertkost.

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I
Vollwert|ernährung,
 
eine von W. Kollath begründete und am Institut für Ernährungswissenschaft in Gießen von der Arbeitsgruppe um C. Leitzmann weiterentwickelte, überwiegend laktovegetabile Ernährungsweise, bei der gering verarbeitete Lebensmittel bevorzugt werden. Gesundheitlich wertvolle Lebensmittel werden zu genussvollen Speisen zubereitet. Die hauptsächlich verwendeten Lebensmittel sind Vollkornprodukte, Gemüse und Obst, Kartoffeln, Hülsenfrüchte sowie Milch und Milchprodukte, daneben können auch geringe Mengen an Fleisch, Fisch und Eiern enthalten sein. Etwa die Hälfte der Nahrungsmenge besteht aus unerhitzter Frischkost. Die Zubereitung erfolgt schonend und mit wenig Fett aus frischen Lebensmitteln. Nahrungsmittel mit Zusatzstoffen werden gemieden.
 
Zusätzlich zur Gesundheitsverträglichkeit der Ernährung werden auch die Umweltverträglichkeit und die Sozialverträglichkeit des Ernährungssystems berücksichtigt. Das bedeutet u. a. möglichst ausschließlich Erzeugnisse aus anerkannt ökologischer Landwirtschaft zu verwenden sowie Erzeugnisse regionaler Herkunft und entsprechend der Jahreszeit zu bevorzugen. Weiterhin haben unverpackte oder umweltschonend verpackte Lebensmittel Vorrang sowie umweltverträgliche Produkte und Technologien. Die landwirtschaftlichen Erzeugnisse sollten unter sozialverträglichen Bedingungen erzeugt, verarbeitet und vermarktet werden (u. a. fairer Handel mit Entwicklungländern).
 
Zur besseren Übersicht bei der Lebensmittelauswahl dient eine auf Kollath zurückgehende und in Gießen weiterentwickelte »Orientierungstabelle für die Vollwerternährung«, in der die Lebensmittel in vier Wertstufen eingeteilt werden. Die Nahrung sollte etwa je zur Hälfte aus nicht/gering verarbeiteten Lebensmitteln (Wertstufe 1, sehr empfehlenswert, z. B. Obst) und mäßig verarbeiteten Lebensmitteln (Wertstufe 2, sehr empfehlenswert, z. B. Vollkornbrot) ausgewählt werden. Es wird geraten, nur selten stark verarbeitete Lebensmittel (Wertstufe 3, weniger empfehlenswert, z. B. Gemüsekonserven) zu verzehren. Übertrieben verarbeitete Lebensmittel und Isolate/Präparate (Wertstufe 4, nicht empfehlenswert, z. B. Zucker) sind möglichst zu meiden. Vollwerternährung ist (mit zielgruppenspezifischen Modifikationen) als Dauerernährungsform für alle Bevölkerungs- Gruppen geeignet.
 
 
K. W. von Koerber u. a.: Vollwert-Ernährung. Konzeption einer zeitgemäßen Ernährungsweise (81994);
 W. Kollath: Die Ordnung unserer Nahrung (161998).
II
Vollwerternährung
 
Ernährungsweise, die ganzheitlich, das heißt ernährungsphysiologisch und ökologisch begründet ist und bei deren Konzeption Gesundheits-, Umwelt- und Sozialverträglichkeit des Ernährungssystems berücksichtigt werden. Lebensqualität, Gesundheit und Schonung der Umwelt sollen damit gefördert werden.
 
Den Begriff Vollwerternährung oder Vollwertkost prägte der Ernährungswissenschaftler W. Kollath. Varianten davon gibt es in mancherlei Gestalt. Sie werden meist nach ihren »Erfindern« bezeichnet, so zum Beispiel die Ernährungslehre von M. Bircher-Benner, die Vollwertkost nach J. G. Schnitzer, M. O. Bruker oder C. Leitzmann. Parallelen bestehen zur Reformkost und zur anthroposophischen Ernährung. Aber auch in der persischen Mazdaznan-Ernährung und dem indischen Ayurveda findet sich ähnliches Gedankengut. Gemeinsam ist allen ein möglichst hoher Anteil an frischen, naturbelassenen oder schonend zubereiteten Lebensmitteln und ein weitgehender Verzicht auf Fleisch. Vollwerternährung enthält wenig Fett und keine Lebensmittelzusatzstoffe. Über die Ernährungslehre hinaus verstehen sich die meisten Schulen auch als Lebensphilosophien.
 
 Vollwerternährung nach Kollath
 
Als Begründer der Vollwerternährungslehre gilt der deutsche Bakteriologe und Ernährungswissenschaftler Werner Kollath (1892-1970). Er propagierte als einer der Ersten eine ganzheitliche Ernährungslehre, die sich gegen die analytisch-reduktionistische Sichtweise der Naturwissenschaften richtet und sich stattdessen vor Augen hält, dass das Ganze stets mehr ist als die Summe seiner Teile. Kollaths Forderung war: »Lasst unsere Nahrung so natürlich wie möglich!« Ziele der Vollwerternährung sind Prophylaxe und Behandlung von Erkrankungen sowie Stärkung der Abwehrkräfte. Auf Kollath geht eine weithin anerkannte Einteilung der Lebensmittel in Wertstufen zurück, die sich nach dem lebensmitteltechnologischen Bearbeitungsgrad richtet. Mit abnehmendem Wert unterscheidet man:
 
im Wesentlichen unveränderte, frische Lebensmittel (Rohkost): Gemüse, Salat, Obst, Rohmilch; erlaubt sind nur Waschen, Schneiden, Filtern; streng genommen ist auch Tiefkühlen nicht zugelassen;enzymatisch oder mechanisch stark veränderte Lebensmittel: Sauerkraut, Rohmilchkäse, Speiseöl, Vollkornmehl; erlaubt sind Mahlen, Pressen (ohne Erhitzen), Vergären;mäßig hitzebehandelte Lebensmittel: Vollkornbrot, pasteurisierte Milch, gekochtes oder angebratenes Essen;stark hitzebehandelte oder konservierte Lebensmittel: gegartes oder durchgebratenes Essen, Glas- und Dosenkonserven, Räucherwurst, H-Milch; gänzlich abgelehnt werden alle Konservierungsstoffe außer Salz, Zucker, Essig- und Milchsäure sowie die in jüngerer Zeit hinzugekommene Strahlungskonservierung;Isolate sowie daraus kombinierte Lebensmittel: raffinierter Zucker, Auszugsmehl, raffinierte Öle, Margarine, hochprozentiger Alkohol.Ausgangspunkt dieser Werteinteilung ist in erster Linie nicht der Energie- und Nährstoffinhalt der Nahrungsmittel, sondern ihre Lebendigkeit und Natürlichkeit. Dementsprechend gelten Lebensmittel, denen noch ein eigener Stoffwechsel zugebilligt werden kann (gekeimtes Getreide, frisches Obst, Gemüse, Nüsse, Rahm), als besonders wertvoll. Mit zunehmendem Verarbeitungs- und Zubereitungsgrad, so die Argumentation, nimmt der Wert ab, da das Kochen, Garen und Konservieren ausnahmslos mit einem Verlust der für den Stoffwechsel unentbehrlichen »Vitalstoffe« verbunden ist.
 
Nach Kollath sollte die tägliche Nahrung eines Erwachsenen aus Lebensmitteln bestehen, die zu je mindestens einem Viertel aus den Wertstufen 1 und 2, zu höchstens 40 % aus der Kategorie 3 und höchstens 10 % aus Stufe 4 kommen. Lebensmittel der Stufe 5 sind zu meiden. Der Verzehr von Fleisch und Wurst wird als unnötig angesehen, der von Käse, Milchprodukten und Eiern soll eingeschränkt werden.
 
Kritik an der Vollwert-Ernährungslehre nach Kollath
 
Ohne Zweifel ist frische, naturbelassene Nahrung verarbeiteten Produkten vorzuziehen, selbst wenn damit für den Konsumenten ein höherer Arbeits- und Kostenaufwand verbunden ist. Günstig zu beurteilen sind die empfohlene Reduzierung des Zuckerkonsums, da dies Karies vorbeugt und Übergewicht vermeiden hilft, sowie die ausreichende Versorgung mit Mineral- und Ballaststoffen und den meisten Vitaminen, die durch Vollkornprodukte, Obst und Gemüse zu erwarten ist. Die Empfehlungen Kollaths können jedoch im Sinne einer eingeschränkten lactovegetarischen Ernährung verstanden werden, bei der im Unterschied zur ovolactovegetabilen Ernährung wegen des Verzichts auf Eier und Milchprodukte mit Mangelerscheinungen (Calcium, Eisen, Vitamin B12) zu rechnen ist. Darüber hinaus werden Fette und Öle als unproblematisch betrachtet, solange sie naturbelassen sind. Doch auch ein übermäßiger Verzehr von Butter und kalt gepressten Ölen ist gesundheitsschädlich. Kritisch zu bewerten ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Vollwert-Ernährungslehre keine Begrenzung der Energiezufuhr vorsieht.
 
Kollath betrachtete jede Zubereitung oder Verarbeitung eines Lebensmittels als wertmindernd. Dies trifft jedoch so pauschal nicht zu. In vielen Fällen ist eine Aufbereitung des Lebensmittels sogar zwingend erforderlich, da nur so eine Verzehrtauglichkeit erreicht werden kann: Erst durch Erhitzen werden manche giftige Pflanzeninhaltsstoffe zerstört, so zum Beispiel Solanin in Kartoffeln und Phaseolunatin in Bohnen. Das Kochen fördert ferner oft die Verdaulichkeit. Wenn man unter den »Vitalstoffen« der Vollwertlehre die Vitamine, Spurenelemente und Mineralstoffe versteht, so kann man differenziertere Aussagen treffen. In der Tat kann der Gehalt an sämtlichen dieser Stoffe durch Ausschwemmung beim Waschen und Kochen verringert werden. Ein Dampfdruckkochtopf beispielsweise schafft hier Abhilfe. Mineralstoffe und Spurenelemente gehen nicht durch die Einwirkung von Hitze, Licht oder Sauerstoff verloren. Dies wiederum trifft allerdings für die empfindlichen Vitamine zu. Der Vitamingehalt von Früchten oder Gemüse geht ohne besondere Schutzmaßnahmen oft bereits wenige Stunden nach der Ernte auf Bruchteile des Frischgehalts zurück. Auch in der Frischwarenabteilung oder auf dem Markt sind die Lebensmittel häufig schon einen oder gar mehrere Tage alt. Werden sie jedoch erntefrisch durch Blanchieren und Tiefgefrieren oder durch Einkochen in Dosen konserviert, so bleiben hohe Anteile der Vitamine monatelang erhalten. Die Aussage einiger Vollwertkostler, »Zivilisationskrankheiten« wie Krebs, Arteriosklerose, Herzinfarkt, Rheuma und Allergien seien auf den Verzehr von »Fabrikzucker und -fetten« zurückzuführen und ihre Heilung durch Vollwerternährung sei möglich, ist unbewiesen.
 
 Vorläufer und Parallelen zur Vollwerternährung
 
Bereits vor Kollath gab es in Europa und den USA in der Vollwerternährung sehr ähnliche Ansätze, deren Gedankengut wiederum zum Teil antiken Gesundheits- und Ernährungslehren aus dem Mittleren und Fernen Osten entlehnt ist. Aber auch die Vollwert-Ernährungslehre ist nicht statisch, sondern unterlag im Laufe der Zeit einer Modernisierung.
 
Bircher-Benner und Kelloggs
 
Der Züricher Arzt Maximilian Oskar Bircher-Benner (1867-1939) gab bereits zwanzig Jahre vor Kollath Ernährungsempfehlungen, die sich inhaltlich weitgehend mit denen der Vollwert-Ernährungslehre decken, ohne jedoch die Bezeichnung Vollwert zu benutzen. Mit seiner Behauptung, Getreide, Früchte und Gemüse seien hochwertigere Nahrungsmittel als Fleisch, stellte er sich der damaligen Lehrmeinung diametral entgegen. Er gründete 1897 eine Klinik für Diätetik und physikalische Heilmethoden in Zürich.
 
Große Bekanntheit erlangte Bircher-Benner mit dem Bircher-Müesli, das im Original aus naturbelassenen, rohen Produkten wie Äpfeln, Nüssen, Haferflocken und Zitronensaft bestand - bis auf die gezuckerte Kondensmilch, die 1856 in den USA erfunden worden war und damals als besonders wertvoll galt. Die Bircher-Benner-Kostform dient zur Mobilisierung der Selbstheilungskräfte, Anregung der Darmfunktion und zur Verbesserung des gesamten Stoffwechsels. In der strengen Form werden pflanzliche Lebensmittel mit einem hohen Anteil an Rohkost, Vollgetreide und Gemüse, eventuell mit völligem Verzicht auf tierische Nahrungsmittel oder in der erweiterten Form mit zusätzlichem Verzehr von Brot, Zucker, Haferflocken sowie kleinen Mengen an Milch, Butter und Käse empfohlen.
 
In der Ernährungslehre des US-amerikanischen Arztes John Harvey Kellogg (1852-1943) besteht eine Parallele zu Bircher-Benner. Kellogg leitete Kurkliniken in Battle Creek, Mich., und später auch in Miami, in denen er seinen Patienten eine spezielle, auf Getreideprodukten basierende Kost präsentierte, zu der auch Cornflakes gehörten. Diese sind zwar keine Erfindung Kelloggs, denn es gab sie bereits zuvor, aber sie waren damals kaum bekannt. Kellogg und sein Bruder, der Industrieunternehmer Will Keith Kellogg, sind neben einem ehemaligen Patienten Kelloggs, C. W. Post, die Väter der Frühstückszerealien-Industrie.
 
 
Unter Reformkost versteht man eine Ernährungsweise, die aus der um 1890 in Deutschland und der Schweiz als geistige Bewegung gegründeten Lebensreform hervorgegangen ist. Die Reformbewegung war eine Reaktion auf den Siegeszug der Industrie, die ausufernde Verstädterung und das Aufkommen der Massengesellschaft. Sie vertrat eine gesunde, bewusstere Lebensweise, naturnahe Ernährung und natürliche Heilweisen. Die Produkte, die zur Erfüllung dieser Ideale dienen, wurden und werden in besonderen Verkaufsstätten, den Reformhäusern, angeboten. Neben Nahrungs- und Arzneimitteln zählt hierzu auch Reformkleidung. Die Inhalte der Reformernährungslehre unterlagen im Laufe der Zeit einer Modernisierung und unterscheiden sich heute kaum von denen der ovolactovegetabilen Ernährungsweise.
 
Anthroposophische Ernährung
 
Die anthroposophische Ernährungsweise geht auf den Begründer der Anthroposophie, Rudolf Steiner (1861-1925), zurück. Steiner versuchte, die rationale, technische Weltsicht um das Übersinnliche als erfahrbare Realität zu erweitern. In der Anthroposophie werden mehrere gestaltende Kräfte, die »Äther«, unterschieden, deren Wirkungs- oder Durchdringungsskombination verschiedene Substanzen prägen: den physischen Leib (anorganische Bestandteile), den Ätherleib (pflanzliches Leben) und den Astralleib (tierisches Leben). Dem Menschen kommt noch eine vierte Komponente zu, die Ichorganisation.
 
In der Sichtweise der Anthroposophie gelangt die Nahrung nach ihrer Aufnahme in den menschlichen Ätherleib und anschließend in die Ichorganisation. In diesem Umwandlungsprozess »vergeistigt« die Verdauung die aufgenommene Nahrung und beeinflusst die Persönlichkeitsentwicklung des Menschen. Die Bestandteile der Nahrung werden dabei unterschiedlich bewertet. Eiweiß gilt als Trägersubstanz des Lebens. Der Eiweißbedarf des Menschen soll bevorzugt aus pflanzlichem, vor allem Getreideeiweiß gedeckt werden. Tierisches Eiweiß soll nur in geringen Mengen verzehrt werden, da es die Bewusstseinsentfaltung behindert. Kohlenhydrate sollen in ihrem natürlichen Verbund belassen werden, so wie sie in Form von Stärke in Getreide, Obst und Gemüse vorkommen. Getreidearten wie Reis, Gerste, Hirse, Roggen, Mais und Weizen bilden den Ernährungsschwerpunkt. Fette werden als unentbehrlich zur Erzeugung von Wärme und zur Organisation der Ichkräfte betrachtet. Pflanzliche Fette und Öle sind tierischen (Butter ausgenommen) vorzuziehen. Eine besondere Bedeutung wird in der Anthroposophie der Kieselsäure beigemessen. Der (oft Kieselsäure enthaltende) Kieselstein gilt den Anthroposophen als Sinnbild für den Formenreichtum des Lebendigen. Störungen zeigen sich durch Haltungsschäden, Brüchigkeit der Nägel, Stumpfwerden der Haare, mangelnde Reaktion der Haut und Störungen verschiedener innerer Organe. Der Verzehr von Getreide gleicht eventuelle Mängel aus.
 
Die anthroposophischen Ernährungsempfehlungen entspringen einer speziellen ganzheitlichen Sicht. Nahrungspflanzen bestehen dabei aus drei Gliedern, die unterschiedliche Qualität und Stärkung beim Verzehr bewirken. Die Wurzel entspricht beim Menschen den Sinnen und Nerven, Blatt und Stängel im Organismus dem Herz und den Lungen, die Blüte und die Frucht regen Stoffwechsel und Fortpflanzung sowie Denken, Fühlen und Wollen an. Blatt- und Kopfsalat stärken demzufolge Herz und Lunge, Wurzelgemüse sind Kopf- und Nervennahrung, Früchte und Fette regen den Stoffwechsel an.
 
Eine möglichst naturbelassene Nahrung und schonende Zubereitung sind erwünscht. Getreide soll durch Wärmeprozesse wie Darren, Einweichen, Kochen und Quellung aufgeschlossen werden. Tiefgefrieren und Dampfdruckerhitzen werden abgelehnt.
 
Abgesehen von diesen allgemeinen Ernährungsrichtlinien werden in der anthroposophischen Praxis individuelle Empfehlungen ausgearbeitet, um angestrebte Gesundheits- und Entwicklungsschritte bei einzelnen Personen zu erreichen.
 
Mazdaznan-Ernährung
 
Die Mazdaznan-Ernährung ist ein Teil der gleichnamigen Lebenslehre, die sich von dem Glaubenssystem des Propheten und Religionserneuerers Zarathustra ableitet, der etwa 600 Jahre vor Christus im Gebiet des heutigen Ostiran und Afghanistan lebte. Um die Verbreitung der Mazdaznan-Lehre im Abendland bemühte sich der Deutsche Otoman Zar-Adusht Hanish, mit bürgerlichem Namen Otto Hanisch (1844 oder 1854 bis 1936). Auch die Mazdaznan-Ernährung ist eine Form der ovolactovegetabilen Ernährung. Besonderheiten liegen hier in der Unterscheidung schlechter und guter Kombinationsmöglichkeiten von Lebensmitteln sowie in einer Unterscheidung »ausscheidender« und »aufbauender« Nährmittel, die man in der richtigen Reihenfolge zu sich nehmen muss. Bei der Zubereitung wird stark auf eine richtige und abwechslungsreiche Zusammenstellung der Nahrung geachtet. Empfohlen wird eine Kost, die zu zwei Dritteln aus Gemüse als ausscheidenden Speisen und zu einem Drittel aus vorwiegend stärke-, fett- und proteinhaltigen Lebensmitteln besteht. Zu Beginn einer Mahlzeit werden die ausscheidenden Lebensmittel verzehrt; Getreide, Milch und Milcherzeugnisse, Eier und Nüsse schließen sich als aufbauende Nahrungsmittel an. Große Bedeutung kommt dem bewussten Essen zu, was gleichzeitig eine Beschränkung auf das Nötigste beinhaltet: Unmäßigkeit ist in der Mazdaznan-Lehre verpönt.
 
Ayurvedische Nahrung
 
Im Ayurveda, der altindischen Gesundheitslehre, unterscheidet man die fünf groben Elemente - Erde, Luft, Feuer, Wasser und Äther (Prithvi, Vayu, Agni, Jalam und Akasha) -, die fünf feinen Elemente (das Hör-, Fühl-, Seh-, Schmeck- und Riechbare), die fünf Organe der menschlichen Aktivität (Sprechen, Greifen, Laufen, Fortpflanzen, Ausscheiden) sowie das Denken (Manas). Die Elemente liegen stets in Mischungen vor. Sie setzen sich in jedem lebendigen Organismus zu drei vitalen Kräften (Doshas) zusammen, die in steter Bewegung eine dynamische Balance aufrechterhalten:
 
Vata umfasst die Elemente Luft und Äther und entspricht den Eigenschaften leicht, schnell, trocken, kühl und rau. Es repräsentiert im Körper Bewegung, Wachstum und wache Empfindung (Nerven, Impulse, Blut, Atmung).Pitta ist das Feuer- und (Heiß-)Wasserelement mit den Eigenschaften heiß, feucht, ölig, scharf. Es repräsentiert den Stoffwechsel, die Umformung sowie Willensstärke und Temperament (Verdauung, Ausscheidung, Gedanken).Kapha vereint die Elemente Erde und (Kalt-)Wasser; die Eigenschaften sind: schwer, träge, kalt, weich, fettig, klebrig und süß. Es repräsentiert die Struktur, Stabilität, Widerstandskraft und Fruchtbarkeit (Körperlichkeit, Knochen).Die drei Doshas sind in jedem Menschen in einem individuell einmaligen biologischen Gleichgewicht angelegt. In einem gesunden Organismus herrscht eine Ausgewogenheit zwischen den Doshas. Bei einem Organismus, der zu viel oder zu wenig dieser drei Kräfte hervorbringt, ist das Gleichgewicht gestört und die Gesundheit gefährdet. Unter anderem durch die richtige Wahl der Nahrungsmittel kann Dosha-Dominanzen entgegengewirkt werden. So ist scharf gewürztes Essen empfehlenswert für einen Kapha-Typ, da es ihm Feuer und Schwung verleiht und seine Trägheit ausgleicht. Ein »hitzköpfiger« Pitta-Typ sollte solches Essen jedoch meiden und Speisen mit herbem oder süßem Geschmack, Gemüse, Salat, Vollkorn- und Milchprodukte bevorzugen. Bei Kapha-Dominanz sollte man ebenfalls herbe und vor allem leichte, jedoch keine allzu süße, saure und salzige Kost zu sich nehmen. Fasten ist für Kapha-Typen förderlich. Vata-Menschen sind unruhig und nervös. Sie brauchen regelmäßige Mahlzeiten und sollten nicht fasten. Rohkost ist für sie schlecht geeignet. Günstig sind wärmende Gerichte mit süßem, salzigem und saurem Geschmack, während sie auf Bitteres, Scharfes und Herbes verzichten sollten.
 
Ayurvedische Kost ist nicht unbedingt vegetarisch. Fleisch gilt aber als schwer verdaulich und ist nur bei schwerer körperlicher Arbeit vorgesehen. Pitta-Typen sollten jedoch kein Fleisch essen. Aus der Sichtweise des Ayurveda ist für sie eine Vollwerternährung ideal.
 
Der Ayurveda gibt in der Regel nur Empfehlungen und verlässt sich ansonsten im Wesentlichen auf eine Art Körperintelligenz, die es einem Menschen normalerweise ermöglicht, aus dem Nahrungsangebot dem Appetit folgend das Richtige auszuwählen, um die Doshas zu harmonisieren.
 
 Energie- und Nährstoffbedarf in der Vollwerternährung
 
Die Höhe des Energiebedarfs ergibt sich vor allem aus dem Grundumsatz, dem Arbeitsumsatz (Muskelarbeit) und dem Bedarf für das Wachstum. Der Energiebedarf sinkt mit zunehmendem Alter ab. Es ist dann auf eine sorgfältigere Wahl der Lebensmittel, insbesondere auf einen höheren Gehalt an essenziellen Nährstoffen im Verhältnis zum Energiegehalt zu achten. Die tägliche Aufnahme von Eiweiß (Proteine) sollte bei einem gesunden Erwachsenen bei 0,8 g je kg Körpergewicht (KG) liegen; das sind für einen 70 kg schweren Mann 56 g Eiweiß je Tag. Der Wert berücksichtigt einen Mindestbedarf von 0,34 g je kg KG und Tag, einen Sicherheitszuschlag von 30 %, die individuelle Proteinausnutzung sowie die unterschiedliche biologische Wertigkeit der Nahrungsproteine.
 
Die empfehlenswerte Zufuhr von Kohlenhydraten beträgt 55-60 % der Gesamtenergiezufuhr. Kohlenhydrate stellen zusammen mit den Fetten den Hauptenergieträger dar. Der Kohlenhydratbedarf sollte in erster Linie aus komplexen Kohlenhydraten (Polysaccharide aus Getreide, Gemüse, Kartoffeln, Hülsenfrüchten) gedeckt werden. Der Vorteil von Lebensmitteln mit einem großen Anteil an komplexen Kohlenhydraten liegt in ihrem höheren Gehalt an Vitaminen, Mengenelementen, Spurenelementen und Ballaststoffen sowie in ihrem höheren Sättigungswert. Komplexe Kohlenhydrate werden langsamer resorbiert, führen zu einem geringeren Blutzuckeranstieg und sollen eine niedrige Kariogenität besitzen.
 
Die Richtwerte für die Aufnahme von Fetten liegen bei 25-30 %, das heißt, bei einer Energieaufnahme von 2 400 kcal sollte die Gesamtfettmenge 78 g nicht überschreiten. Doch nicht nur die Menge, sondern auch die Zusammensetzung der aufgenommenen Fette ist von großer Bedeutung. So erhöhen gesättigte Fettsäuren, die insbesondere in Produkten tierischer Herkunft zu finden sind, das Serumcholesterin, während ungesättigte Fettsäuren den Cholesterinspiegel senken, speziell die LDL-Fraktion, die bei der Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen eine Rolle spielt. Gerade fette Käse- und Wurstsorten tragen zu einer erhöhten Gesamtfettaufnahme bei. Hier kann durch gezielte Auswahl fettärmerer Sorten ein wesentlicher Beitrag zu einer gesünderen Ernährungsweise geleistet werden. Das Verhältnis von gesättigten zu einfach ungesättigten und mehrfach ungesättigten Fettsäuren sollte vereinfachend ausgedrückt 1 : 1 : 1 betragen, die Gesamtfettmenge sich also zu etwa je einem Drittel aus diesen drei Fettsäuretypen zusammensetzen.
 
Zu den essenziellen Fettsäuren zählen ▯-6-Fettsäuren (Linolsäure, Arachidonsäure) und ▯-3-Fettsäuren (α-Linolensäure, Eicosapentaensäure, Docosahexaensäure). Für den gesunden Erwachsenen empfiehlt sich ein Anteil von 3,5 % essenziellen Fettsäuren an der Gesamtenergieaufnahme, mindestens 3 % (10 g) Linolsäure und mindestens 0,5 % (1 g) ▯-3-Fettsäuren. Das Verhältnis ▯-6-Fettsäuren zu ▯-3-Fettsäuren sollte 5 : 1 bis 15 : 1 betragen.
 
Einen hohen Gehalt an Linolsäuren weisen Pflanzenöle auf, beispielsweise Distelöl, Sonnenblumenöl und Maiskeimöl. Die ▯-3-Fettsäuren Eicosapentaensäure bzw. Docosahexaensäure sind hauptsächlich in Seefischen enthalten.
 
Bei Ballaststoffen (Pflanzenfasern, Rohfasern) handelt es sich um organische Bestandteile pflanzlicher Lebensmittel, die von den Enzymen des Magen-Darm-Kanals nicht verwertet werden können, also unverdaulich sind. Die wichtigsten Ballaststoffe sind Cellulose, Hemicellulose, Pektin und Lignin.
 
Ballaststoffe wirken vorbeugend gegen Erkrankungen des Magen-Darm-Systems (Obstipation, Divertikulose, Kolonpolypen, Kolonkarzinom, Hämorrhoiden, Cholesteringallensteine) und Stoffwechselerkrankungen (Fettsucht, Hyperlipoproteinämien, Bluthochdruck, Diabetes mellitus). Sie verkürzen die Darmpassagezeit, senken den Druck im Darm, führen zu einer Zunahme der Bakterienmasse im Darm mit vermehrter Stickstoffausscheidung und senken den Cholesterinspiegel durch eine Erhöhung der Gallensäureausscheidung mit dem Stuhl.
 
Als Richtwert für die Ballaststoffaufnahme gilt eine Menge von 30 g je Tag, wobei mindestens die Hälfte aus Vollkornprodukten, der Rest aus frischem Obst und Gemüse stammen sollte. Zu beachten ist, dass eine hohe Ballaststoffzufuhr die Resorption von Calcium, Magnesium, Eisen und Zink beeinträchtigen kann, insbesondere dann, wenn Ballaststoffe isoliert und hoch dosiert aufgenommen werden (beispielsweise Kleie zur Stuhlregulierung).
 
Wasser erfüllt im Organismus zahlreiche Funktionen. Es dient beispielsweise als Lösungsmittel, erhält die Struktur von Makromolekülen aufrecht, stabilisiert Zellmembranen, trägt zur Wärmeregulation durch Isolierung und Wärmeverteilung bei, dient der Aufrechterhaltung von Homöostase und Körpervolumen und erfüllt Pufferfunktionen. Über Speisen (etwa 800 ml/Tag) und Getränke (etwa 1 300 ml/Tag) wird Wasser von außen zugeführt, es entsteht aber auch endogen als Oxidationswasser (etwa 300 ml/Tag). Die Abgabe erfolgt über Harn (1 300 ml/Tag), Kot (150 ml/Tag), Haut (500 ml/Tag) und Lunge (450 ml/Tag). Der Wasserbedarf kann erhöht sein bei größeren Verlusten (beispielsweise bei Ausdauersportarten, Saunabesuchen), aber auch bei einer erhöhten Kochsalz- oder Proteinzufuhr.
 
Bei den Mineralstoffen (Mengen- und Spurenelemente) handelt es sich um anorganische Wirkstoffe, die dem Körper mit der Nahrung zugeführt werden müssen. Nach ihrer Konzentration im Organismus unterscheidet man Mengenelemente (> 50 mg/kg KG) und Spurenelemente (< 50 mg/kg KG).
 
Der Minimalbedarf an Calcium beträgt 500 mg je Tag, empfohlen wird eine tägliche Zufuhr von 0,8 bis 1,0 g. Eine optimale Calciumversorgung ist für die Knochengesundheit und hier insbesondere zur Vorbeugung der Osteoporose von Bedeutung. Der Bedarf wird im Wesentlichen über Milch- und Milchprodukte gedeckt. Daneben können einige Gemüsesorten, calciumhaltige Mineralwässer und calciumangereicherte Fruchtsäfte zur Bedarfsdeckung beitragen.
 
Die Bedarfswerte für Phosphor werden in Beziehung gesetzt zum Calciumbedarf, wobei ein Ca/P-Quotient von etwa 0,65 als optimal angesehen wird. Die Angaben für die Phosphorzufuhr sind keine Bedarfswerte, sondern ergeben sich aus der Lebensmittelauswahl, die für die Bedarfsdeckung aller anderen Nährstoffe erforderlich ist.
 
Der Mindestbedarf an Natrium liegt bei etwa 0,5 g/Tag. Unter üblichen Lebensbedingungen sind 1,2 g Natrium - entsprechend 3 g Natriumchlorid (Kochsalz) - je Tag ausreichend. Insbesondere zur Vorbeugung von Bluthochdruck sollte der tägliche Kochsalzkonsum 6 g nicht überschreiten.
 
Die durchschnittliche tägliche Zufuhr an Magnesium beträgt bei Frauen 330 mg, bei Männern 410 mg. Bei üblicher Kost kommt es hier zu keinem Mangel. Die Empfehlungen für die Magnesiumzufuhr liegen bei 0,3-0,35 g/Tag.
 
Die empfehlenswerte Höhe der Zufuhr von Eisen ergibt sich aus dem Verlust über Darm, Haut und Niere (etwa 1 mg/Tag beim Erwachsenen), einer mittleren Resorptionsrate von 10 bis 15 % und bei Frauen zusätzlich aus dem Blutverlust während der Menstruation. Sie liegt für Männer bei 10 mg/Tag, für menstruierende Frauen bei 15 mg/Tag und für Frauen ab dem 51. Lebensjahr bei 10 mg/Tag. Die Eisenresorption aus Fleisch und Fleischprodukten ist mit durchschnittlich 23 % wesentlich besser als aus pflanzlichen Produkten (3-8 %). Diese kann jedoch durch die Aufnahme von Fleisch und Vitamin C verbessert werden.
 
Empfohlen wird eine tägliche Zufuhr bei Jod von 180 bis 200 μg, während die mittlere Jodaufnahme in Deutschland 30-70 μg/Tag beträgt. Zur Bedarfsdeckung wird deshalb die generelle Verwendung von jodiertem Speisesalz empfohlen.
 
Die Aufnahme von Fluorid wird in erster Linie im Hinblick auf die Kariesprophylaxe empfohlen. Die tägliche Zufuhr mit der Nahrung (inklusive Trinkwasser) beträgt beim Erwachsenen zwischen 0,2 mg und 0,5 mg. Die Fluoridgesamtzufuhr sollte 1,5-4 mg/Tag betragen, einschließlich einer Zufuhr von 1 mg/Tag zur Kariesprophylaxe.
 
Erwachsene nehmen durchschnittlich je Tag 2-3 mg Kupfer auf und 2,2 mg (Frauen) bzw. 2,7 mg (Männer) Mangan. Für eine angemessene Zufuhr von Kupfer und Mangan lassen sich nur Schätzwerte angeben: 1,5-3 mg/Tag für Kupfer und 2-5 mg/Tag für Mangan.
 
Die Empfehlungen für die Zufuhr von Zink enthalten relativ große Sicherheitsspannen, da der Bedarf noch nicht genau bekannt ist. Sie liegen für Frauen bei 12 mg/Tag, für Männer bei 15 mg/Tag.
 
Selen ist Bestandteil eines antioxidativ wirkenden Enzyms, der Glutathionperoxidase, das eine synergistische Wirkung mit Vitamin E zeigt. Beide Substanzen sollen antikanzerogen wirken. Der Bedarf wird auf 0,02-0,1 mg/Tag geschätzt.
 
Vitamine sind essenzielle Nährstoffe. Ihre Funktionen erfüllen sie in erster Linie als Bestandteil von Enzymsystemen. Nach ihren physikalischen Eigenschaften lassen sich die Vitamine einteilen in fettlösliche und wasserlösliche Vitamine. Zu den fettlöslichen zählen Vitamin A (Retinol), Vitamin D (Calciferol), Vitamin E (Tocopherole) und Vitamin K (Phyllochinon), zu den wasserlöslichen die Vitamine B1 (Thiamin), B2 (Riboflavin), B6 (Pyridoxin), B12 (Cobalamin) und C (Ascorbinsäure) sowie Niacin, Folsäure, Pantothensäure und Biotin. Wegen der antioxidativen Wirkung der Vitamine A, E und C sowie von Betacarotin wird zunehmend diskutiert, ob diese Nährstoffe bei bestimmten Erkrankungen eingesetzt werden können, z. B. bei der Krebsprophylaxe und -behandlung. Es stellt sich die Frage, ob Zufuhrmengen, die ein Vielfaches über den Zufuhrempfehlungen liegen, hier positive Effekte zeigen. Kontrollierte Studien liegen noch nicht vor.
 
 Vollwerternährung heute
 
Zu den Grundsätzen einer modernen Vollwerternährung gehört es, pflanzliche Lebensmittel und gering verarbeitete Lebensmittel zu bevorzugen, reichlich Rohkost zu genießen, die Lebensmittel schonend zuzubereiten, Zusatzstoffe und Technologien wie Bestrahlung oder Gentechnik zu vermeiden und Produkten aus ökologischem Anbau sowie aus regionaler Herkunft und den Jahreszeiten entsprechend den Vorrang zu geben. Auch auf die Verpackung ist zu achten, da Schadstoffe aus dieser vom Lebensmittel aufgenommen werden können. Die Ziele der modernen Vollwerternährung liegen in der optimalen Versorgung mit allen essenziellen Nährstoffen nach modernen wissenschaftlichen Erkenntnissen, der Bildung und Stärkung von Abwehrkräften, der Schaffung von Voraussetzungen für eine optimale körperliche und geistige Entwicklung und Leistungsfähigkeit, der Anleitung zu einer ökologisch und sozial verträglichen Lebensweise (Vorbildfunktion) und der Kostenminderung im Gesundheitswesen.
 
Beiträge zu einer modernen Lehre der Vollwerternährung leistete beispielsweise Claus Leitzmann vom Institut für Ernährungswissenschaft der Justus-Liebig-Universität Gießen zusammen mit Karl W. von Koerber und Thomas Männle. Ihr Konzept berücksichtigt nicht nur gesundheitliche Aspekte, sondern will auch zur Schonung der Umwelt beitragen und für soziale Gerechtigkeit sorgen, wobei es aber durchaus zu Zielkonflikten kommen kann. Der Kauf von fair gehandeltem Bienenhonig aus Südamerika beispielsweise trägt zwar einerseits zur Entwicklungshilfe bei, erscheint aber wegen des enormen Transportaufwandes aus ökologischen Gründen nicht sinnvoll.
 
Auch bei dem Arzt und Ernährungswissenschaftler Max Otto Bruker (geb. 1909) steht die ganzheitliche Lebensweise im Vordergrund. Seine Devise ist: »Essen wie ein Bauer vor 100 Jahren!« Eine Ausnahme besteht hier allerdings in seiner Empfehlung, keine Kuhmilch zu trinken, da diese im Grunde nicht für den Menschen geeignet sei.
 
Der Zahnarzt Johann Georg Schnitzer (geb. 1930) ist der Auffassung, dass der Mensch kein Allesesser (Omnivore), sondern ein Früchteesser (Frugivore) sei, was er mit der Form des menschlichen Gebisses begründet. Er entwickelte in den 1960er-Jahren zwei Formen der Vollwerternährung. Die Schnitzer-Intensivkost ist eine eiweißarme, rein pflanzliche Kost, die nur Rohkost erlaubt. Als Dauerernährungsweise kann sie daher nicht empfohlen werden. In der Schnitzer-Normalkost sind neben der Rohkost auch Vollkorn-, Milch- und Eiprodukte erlaubt. Sie ähnelt der ovolactovegetabilen Kost. Schnitzer empfiehlt, nur Lebensmittel zu verwenden, die durch alternativen Landbau erzeugt wurden. Auf Alkohol, Kaffee und Nikotin soll verzichtet werden.
 
 Empfehlungen
 
Eine mit dem Begriffsverständnis der Vollwert-Ernährungslehre im Wesentlichen übereinstimmende Definition von Vollwerternährung gibt auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung. Als vollwertig in diesem Sinne gilt eine Ernährung dann, wenn sie eine ausreichende Nährstoffzufuhr im Rahmen einer ausgewogenen Mischkost gewährleistet. Empfehlungen für die Nährstoffzufuhr sollen dazu beitragen, dass die Ernährung der Bevölkerung Grenzwerte von Nährstoffgruppen einhält, die dem Stand der Ernährungswissenschaft entsprechen. Die Vollwerternährung soll zur Optimierung des Gesundheitszustandes beitragen, um damit das Risiko, chronische Erkrankungen zu erleiden, zu vermindern.

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Vọll|wert|er|näh|rung, die <o. Pl.>: aus Vollwertkost bestehende Ernährung: Unsere Kinder sind absolute Ökofreaks geworden, perfekt in V. und in giftfreiem Anbau (natur 6, 1991, 37).

Universal-Lexikon. 2012.

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  • Vollwert-Ernährung — Vollwerternährung bezeichnet ein überwiegend vegetarisches Ernährungskonzept, bei dem frische und unbehandelte Nahrungsmittel sowie Vollkornprodukte bevorzugt werden. Das Konzept basiert auf der Vollwertkost von Werner Kollath. Im allgemeinen… …   Deutsch Wikipedia

  • Vollwertig — Vollwerternährung bezeichnet ein überwiegend vegetarisches Ernährungskonzept, bei dem frische und unbehandelte Nahrungsmittel sowie Vollkornprodukte bevorzugt werden. Das Konzept basiert auf der Vollwertkost von Werner Kollath. Im allgemeinen… …   Deutsch Wikipedia

  • Vollwertige Ernährung — Vollwerternährung bezeichnet ein überwiegend vegetarisches Ernährungskonzept, bei dem frische und unbehandelte Nahrungsmittel sowie Vollkornprodukte bevorzugt werden. Das Konzept basiert auf der Vollwertkost von Werner Kollath. Im allgemeinen… …   Deutsch Wikipedia

  • Vollwertkost — Vollwerternährung bezeichnet ein überwiegend vegetarisches Ernährungskonzept, bei dem frische und unbehandelte Nahrungsmittel sowie Vollkornprodukte bevorzugt werden. Das Konzept basiert auf der Vollwertkost von Werner Kollath. Im allgemeinen… …   Deutsch Wikipedia

  • Max Otto Bruker — (* 16. November 1909 in Reutlingen; † 6. Januar 2001 in Lahnstein) war ein deutscher Sachbuchautor, Arzt und Politiker. Er war ein Verfechter der Vollwerternährung, für die er einen eigenen Ansatz erarbeitete („vitalstoffreiche Vollwertkost“[1]) …   Deutsch Wikipedia

  • Kollath — Werner (Georg) Kollath (* 11. Juni 1892 in Gollnow (Pommern); † 19. November 1970 in Porza (Lugano)) war ein deutscher Bakteriologe, Hygieniker und Ernährungswissenschaftler. Er gilt als ein Pionier der Vollwerternährung. Inhaltsverzeichnis 1… …   Deutsch Wikipedia

  • Hans Adalbert Schweigart — (* 7. Juli 1900 in Biberberg; † 2. August 1972 in Hannover) war ein deutscher Chemiker und Ernährungswissenschaftler. Nach dem Abitur 1918 in Ulm studierte er Chemie in Berlin und München. Er wurde 1924 mit einer Arbeit Über Kartoffelamylase… …   Deutsch Wikipedia

  • Esswaren — Vergleich der Preise für einige Grundnahrungsmittel in Deutschland 1970 und 2006 anhand der durchschnittlich benötigten Arbeitszeit. Quelle: Bayerischer Bauernverband …   Deutsch Wikipedia

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